Als wir uns auf Grund der zahlreichen neuen Publikationen der Frauen- und Geschlechterforschung im Bereich der Literaturwissenschaften für eine Ausgabe zu diesem Schwerpunktthema entschieden, haben wir große Resonanz erwartet. Über das tatsächliche Interesse waren wir dennoch überrascht und erfreut: Es kamen so viele Rückmeldungen, dass wir uns entschieden haben, der Literaturwissenschaft zwei Ausgaben zu widmen. Die erste finden Sie nun unter dem Titel „Literaturwissenschaften I“ im Netz. Die zweite Ausgabe können Sie ab Anfang November bei Querelles-Net lesen.
Die Neuerscheinungen decken eine Vielzahl von Themen, Forschungsperspektiven, -ansätzen und -gegenständen ab. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in den Rezensionen wider. Unter den besprochenen Titeln finden sich Feministische Literaturtheorien ebenso wie schwule-lesbische Literatur und Kinder- und Jugendliteratur. Alle Besprechungen finden Sie in unserem Schwerpunkt.
„Die europäische Querelle des Femmes des 15. bis 18. Jahrhunderts war geprägt von leidenschaftlichen Debatten über Geschlechterverhältnisse, die von Männern und Frauen geführt wurden, zum Teil gegeneinander, zum Teil miteinander, stets jedoch mit Witz, Verve, Temperament.“ (Editorial von Querelles. Jahrbuch für Frauenforschung)
Unter dieser Programmatik geben wir seit Sommer 2000 mit Querelles-Net eine Rezensionszeitschrift für Frauen- und Geschlechterforschung heraus. Die Besprechung von aktuellen wissenschaftlichen Publikationen und Fachinformationen zu Schwerpunktthemen und zum allgemeinen Forschungstand, kommentierte Linksammlungen und Bibliographien, ausgewählte Beiträge zu den Schwerpunkten bilden den Mittelpunkt der Online-Zeitschrift.
Wir wollen mit ihr einen weiteren Ort der interdisziplinären Streitkultur, des intellektuellen Austausches und der kritischen (Selbst-)Reflexion anbieten und als deutschsprachigen Beitrag zum europäischen Diskurs zur Frauen- und Geschlechterforschung über das WorldWideWeb vernetzen.
Der momentane Status der Frauen- und Geschlechterforschung lässt sich als eine virtuelle Disziplin (vgl. dazu den Beitrag von Evelyn Annuß) beschreiben, die quer zum Kanon der traditionellen Fächer organisiert ist und von da aus nach der gesellschaftlichen Relevanz der Geschlechterverhältnisse fragt sowie die Wissenschaft selbst einer kritischen Analyse unterzieht. Der erfolgreiche Kampf um Institutionalisierung (vgl. dazu die Datenbank der ZE zur Förderung von Frauen- und Geschlechterforschung an der FU Berlin), aber auch die Gender-Debatte der vergangenen Jahre implizierte eine Akademisierung und damit eine Distanz zu den Anfängen als Teil einer sozialen Bewegung. Frauenforschung hat sich inzwischen als Frauen- und Geschlechterforschung, inhaltlich wie organisatorisch in eine unüberschaubare Vielfalt ausdifferenziert. Gleichzeitig hat sie sich in kritischer Selbstreflexion methodisch weiterentwickelt. Gerungen wird um die Gegenstandsbereiche, um die Frage, wer die bevorzugten Forschungssubjekte sind, und auch um die Forschungsparadigmen, kurz: um die Grenzen der Geschlechterforschung. Querelles-Net möchte zu dieser kritischen Weiterentwicklung beitragen und eine Auseinandersetzung auf wissenschaftlicher Ebene fördern, die an gegenstandsbezogenen Forschungsergebnissen ansetzt, diese kritisch auf ihre inter- oder transdisziplinäre Methodik reflektiert und sich daneben nicht per se auf weibliche Forschungssubjekte beschränkt.
Das virtuelle Forum des Internets scheint uns in mehrfacher Hinsicht geeignet, der Vielfalt und Schnelligkeit der Ausdifferenzierung von Frauen- und Geschlechterforschung Rechnung zu tragen. Forschungsergebnisse können schnell und qualifiziert vorgestellt und besprochen werden. Vergleiche und weiterführende Anregungen aus anderen Ländern werden über die Möglichkeit der Vernetzung innerhalb des eigenen Publikationsorganes unmittelbar und einfach zugänglich. Widerstreitende Ansätze und Meinungen können im Dialog transparent gemacht werden. Email-Kontakte und Diskussionsforen ermöglichen eine direkte Reaktion und vor allem eine kontinuierliche Reflexion der Ergebnisse und ihrer methodischen Grundlagen.
Betrachtet man das Medium Internet als ein Instrument für die Gestaltung von (auch politischen) Inhalten statt lediglich seine passive (und mitunter von der Flut an Informationen benommene) Konsument/-in zu sein, dann eignet es sich dazu, die vielen gesponnenen Fäden eines wissenschaftskritischen Denkens kreativ zu etwas Neuem zu verweben. Frauen- und Geschlechterforschung soll dabei immer wieder neu in ihrem paradoxen Anspruch präsentiert werden, unverzichtbarer Bestandteil der wissenschaftlichen Forschung und Lehre zu sein, ohne jedoch im Korsett einer institutionalisierten Disziplin zu erstarren.
Aus den wissenschaftlichen Neuerscheinungen zur Frauen- und Geschlechterforschung wählen wir pro Jahr drei Themenschwerpunkte, zu denen jeweils Rezensionen erscheinen. Ergänzt wird der Schwerpunkt durch eine kommentierte Linkliste und eine Auswahlbibliographie zum Thema. Darüber hinaus veröffentlichen wir im Forum ausgewählte wissenschaftliche Beträge, die rund um den jeweiligen Schwerpunkt situiert sind.
Im offenen Rezensionsteil, finden Sie Besprechungen von Neuerscheinungen zu allen Forschungebereichen der Frauen- und Geschlechterforschung. Auch dieser Teil ist durch eine ausführliche Linksammlung zu Online-(Rezensions-)Zeitschriften, Foren für den wissenschaftlichen Austausch, wissenschaftlichen Einrichtungen, Kooperationspartnerinnen und eine thematisch gegliederte Bibliographie mit inzwischen über 300 Titeln ergänzt.
Querelles-Net ist eine Rezensionszeitschrift, die auch von Beiträgen ihrer Leser/-innen lebt. Sie sind herzlich eingeladen Bücher, CD-ROMs und Websites zur Rezension vorzuschlagen oder sie zu besprechen. In unserer Vorschau können Sie sich über die geplanten Themen der kommenden Schwerpunkte informieren und sich als Rezensentin oder Rezensent anmelden.
Unsere bisherigen Ausgaben können Sie im Archiv einsehen. Die Schwerpunktthemen waren:
In unserer Rubrik Publikationen können Sie uns Ihre Neuerscheinungen zur Frauen- und Geschlechterforschung (Monographien, Sammelbände, Aufsätze seit 1999)melden. Sie finden an dieser Stelle auch Informationen über die von der Zentraleinrichtung mit herausgegebene Edition „Ergebnisse der Frauenforschung an der Freien Universität Berlin“ (1985ff., bislang 55 Bände) sowie über das Jahrbuch Querelles (1996ff.).
Wir wünschen Ihnen viel Spaß und viele Entdeckungen beim Lesen der aktuellen Ausgabe von Querelles-Net und freuen uns auf Ihre Beiträge, Ihre Wünsche und Vorschläge.
Ihre Querelles-Net-Redaktion
URN urn:nbn:de:0114-qn032016
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