Den Beruf der Ärztin langfristig planen.

Rezension von Erika Schulte

Susanne Dettmer, Gabriele Kaczmarczyk, Astrid Bühren:

Karriereplanung für Ärztinnen.

Berlin: Springer Berlin 2006.

350 Seiten, ISBN 978–3–540–25633–5, € 19,95

Abstract: Im vorliegenden Buch werden erfolgreiche Medizinerinnen anhand von Interviews vorgestellt. Exemplarisch erfährt die Leserin, auf welche Weise sie in den verschiedenen Arbeitsfeldern der Medizin ihren beruflichen Werdegang jeweils mitgestalten kann. Umrahmt wird der Hauptteil von einer historischen Einführung zum Thema, einer Analyse der Gründe, warum der Anteil der erfolgreichen Frauen in der Medizin so gering ist, und einem praktischen Anhang mit wichtigen Fakten und Kontaktadressen zur Berufsplanung als Ärztin.

Ausgangssituation für dieses Buch

Schon seit einigen Jahren studieren in Deutschland mehr Frauen als Männer Humanmedizin. Aber schon kurze Zeit nach dem Studienabschluss sinkt der Anteil der als Ärztin berufstätigen Frauen unter den der männlichen Kollegen. Die Gründe dafür sind vielfältig, wie z. B. die extrem hohe Arbeitsbelastung, ein raues Arbeitsklima, die schlechte Vereinbarkeit der klinischen Arbeitszeiten mit einer Familie sowie eine große Diskrepanz zwischen erwartetem Beruf und tatsächlicher Arbeitsrealität. Viele Medizinerinnen kehren dem erlernten Beruf enttäuscht den Rücken zu. Ziel dieses Buches ist es daher, jungen Frauen nach dem Medizinstudium bei der Entwicklung einer realistischen langfristigen Perspektive für ihren eigenen Berufsweg zu helfen. Das dem Handbuch zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.

Die Situation der Frauen in der Medizin

Im ersten Teil des Buches gibt Eva Brinkschulte zunächst einen spannend zu lesenden und reich bebilderten historischen Überblick zum Thema „Frauen in der Medizin“. Dabei wird einzelnen hervorragenden Persönlichkeiten auf diesem Gebiet ebenso Raum gegeben wie der Rolle von Ärztinnen vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, der langsamen Öffnung des Medizinstudiums für Frauen sowie der Entstehung von frauenspezifischen Berufsverbänden. Anschließend wird anhand von fundiertem wissenschaftlichen Untersuchungsmaterial detailliert darauf eingegangen, warum so wenige Frauen als Ärztinnen erfolgreich sind. Die Autorinnen Andrea E. Abele und Monika Sieverding sind ausgewiesene Spezialistinnen auf dem Gebiet und haben interessante Studien zu diesem Thema durchgeführt. Bei der Lektüre dieser Aufsätze wird manche junge Frau Parallelitäten zu ihrem eigenen Denken und ihren eigenen Wertvorstellungen finden. Die kritische Reflexion der persönlichen Ausgangssituation ist die notwendige Voraussetzung dafür, offen für eine mögliche Karriere als Ärztin zu sein. Abgerundet wird dieser Abschnitt durch einen interessanten Aufsatz über die ausgeprägte Hierarchie und Konkurrenzsituation in der Medizin. Auch hier gilt, dass das bewusste Wahrnehmen der Problematik den ersten Ansatz darstellt, um selbstbewusst und geschickt mit dieser Situation umzugehen. Hierzu gibt die Autorin Ulrike Ley wertvolle Hinweise.

Karriereverläufe von Ärztinnen

Am besten lernt man bekanntlich an Beispielen. Daher ist der Hauptteil des Buches beruflichen Lebensläufen von aktuell erfolgreichen Frauen in der Medizin gewidmet. Susanne Dettmer hat hierfür mit großem Geschick Medizinerinnen in Deutschland persönlich interviewt. Dabei wurden offene, leitfadenorientierte Expertinneninterviews mit Elementen des narrativen biographischen Interviews kombiniert. Die wissenschaftlichen Transkripte wurden dann wiederum in unterhaltsam zu lesende Texte umgewandelt, die durch viele wörtliche Zitate zusätzliche Lebendigkeit erhielten. Bewusst wurde bei der Auswahl der Frauen der Begriff der „Karriere“ sehr weit gefasst. Deswegen umfasst das Spektrum der vorgestellten Frauen sowohl die klassische Hochschulprofessorin als auch die erfolgreich niedergelassene Fachärztin, die zufriedene Oberärztin im Krankenhaus, die Ärztin in der Pharmaindustrie oder die Ärztin in der Gesundheitspolitik. Die Leserin wird anhand dieser Frauen Ideen und Hilfen bekommen, um für sich selber das passende Berufsbild zu entwickeln. Weiterhin wird sie von den vielen praktischen Tipps, wie z. B. zur Kinderbetreuung, zur Gestaltung des Berufsalltags etc. profitieren.

Praktische Hinweise für die Berufsplanung

Im letzten Teil des Buches dürfen die ganz praktischen Hilfen nicht fehlen. Hier wurden mit großer Sorgfalt inhaltliche Aspekte sowie Adressen zusammengetragen, die zur Berufsplanung essentiell sind. Dabei wird wieder den verschiedenen Möglichkeiten des Berufsweges – Fachärztinnenausbildung, wissenschaftliche Laufbahn, Niederlassung – Rechnung getragen. Betont wird auch die Wichtigkeit der Bildung von Netzwerken und von Mentorinnenprogrammen. Konkrete Kontaktadressen sind hierfür angegeben. Das Buch endet sehr harmonisch mit einem Kapitel zu „Work-Life-Balance“. Gut geplant scheint sich auch der Beruf der Ärztin mit einem glücklichen und ausgefüllten Privatleben vereinen zu lassen.

Zusammenfassende Beurteilung

Dieses Buch sollte Pflichtlektüre für jede Medizinstudentin im höheren Fachsemester und für jede junge Ärztin sein. Insbesondere auch jungen Medizinerinnen, die derzeit nicht im Berufsleben stehen, sei dieses Buch wärmstens empfohlen. Es stellt einen wichtigen Baustein dar, um langfristig den Anteil der erfolgreich berufstätigen Ärztinnen in Deutschland zu erhöhen.

URN urn:nbn:de:0114-qn083309

Dr. med. Erika Schulte

Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin; Charité, Universitätsmedizin Berlin

E-Mail: erika.schulte@charite.de

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