Wissenschaft – immer noch ein für Frauen fremdes Terrain?

Ruth Großmaß

Der Weg der europäischen Frauen in Bildung und Wissenschaft ist eng mit der politischen Frauenemanzipation und den Frauenbewegungen verknüpft. Waren es zunächst einzelne Frauen, die sich auf Grund individueller Bildungschancen – der väterlichen Bibliothek z.B. oder bestimmter klösterlicher Lebensformen, manchmal auch durch ungewöhnlich partnerschaftliche Ehebeziehungen – zu Wort melden konnten, so waren es im 19. und 20. Jahrhundert die beiden Frauenbewegungen, die das weibliche Recht auf Bildung und Vernunftausübung reklamierten. Man kann den Beginn dieser Geschichte je nach Kriterium unterschiedlich früh oder spät ansetzen. Doch ob wir die Geschichte von Frauen und Wissenschaft mit Christine de Pizan[1] zu Beginn des 15. Jahrhunderts anfangen lassen oder etwas später mit Mary Astell[2] oder aber mit den Mills[3], selbst wenn wir den Fokus auf die deutsche Frauenbewegung legen und dann vor allem Hedwig Dohm[4] und Anita Augspurg[5] in den Blick nehmen – der Weg der Frauen in die Wissenschaft war lang und mühsam.[6] Lange Zeit hatten sie mit Vorurteilen zu kämpfen, der Frage etwa, ob Frauen überhaupt der wissenschaftlichen Rationalität fähig sind bzw. ob sie besser ganz aus Wissenschaft und Politik ausgeschlossen werden sollen.

Heute geht es – wenn wir die Frage nach dem Verhältnis von Frauen und Wissenschaft aufgreifen – nicht mehr um die grundsätzliche Frage des Zugangs zur Wissenschaft. Spätestens seit 1909 kann (mit der Zulassung von Frauen zum Studium schließlich auch in Preußen) die erste Etappe als erfolgreich bewältigt gelten; mit den Bildungsreformen der 1960er/1970er Jahre folgt dann (in den in diesem Punkt eher langsamen westlichen Regionen Europas) der zweite große Schritt: der gleichberechtigte Zugang zu allen Studien- und Ausbildungsrichtungen. Und aktuell können wir konstatieren, dass junge Frauen in höherer Schulbildung und in der Kohorte der Studienanfänger/innen quantitativ angemessen vertreten sind. Auch beim erfolgreichen Abschluss eines Erststudiums stehen sie erfolgreich „ihre Frau“. Man könnte also davon ausgehen, dass die Frauen heute in der Wissenschaft angekommen sind. Die Frage, ob Wissenschaft immer noch ein für Frauen fremdes Terrain ist, erwiese sich damit als eine rhetorische.

Manche empirischen Befunde der Hochschulforschung sind jedoch eher dazu angetan, dieser positiven Sicht der Dinge mit Skepsis zu begegnen:

Der erste Befund, der irritiert, ist quantitativer Art: So findet sich zwar bei den Studienanfängern ein weiblicher Anteil von insgesamt ca. 50% – und dies trotz (bezogen auf die Gesamtzahl der weiblichen Studienberechtigten) immer noch unterdurchschnittlicher Studierneigung (vgl. Heine, Engeln, Kerst, Müller & Parks 2006, S. 8); dieser Anteil nimmt jedoch ab, je höher es mit den Studienabschlüssen geht. Sind beim ersten Studienabschluss noch 46,9% der Absolventen weiblich, so stellen Frauen bei den Promotionen nur noch 36,4%. Bei den Habilitationen gibt es dann einen deutlichen Einbruch: Nur 21,6% der Habilitanden sind Frauen. Von den Professuren sind 11,9% mit Frauen besetzt und bei den höchstdotierten und einflussreichsten Professuren haben Frauen mit 8% nach wie vor Seltenheitswert.[7]

Der zweite Befund der irritiert, ist qualitativer Art: Frauen beteiligen sich keineswegs gleichgewichtig an allen Studienrichtungen und akademischen Berufsfeldern. Sie stellen bei den Studierenden der gesellschaftswissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Richtungen z.T. die Mehrheit, sind in vielen Natur- und Ingenieurwissenschaft demgegenüber aber marginal vertreten. (Vgl. Müller 2006, S. 10; Heine, Spangenberg, Schreiber & Sommer 2005, S. 8, 10.)

Hinter dem gleichen Zugangsrecht zu Wissenschaft und Bildung scheint sich – darauf weisen diese Zahlen hin – eine Geschlechtersegregation etabliert zu haben, die sowohl die Aufstiegschancen innerhalb der Universität als auch die Berufschancen außerhalb wieder zu ungleichen macht. Will man diesen Vorgang verstehen, dann hilft es heute nicht mehr, auf formale Zugangsbedingungen oder essenzialistische Geschlechterdifferenzen zu schauen – beides lässt sich inzwischen für die hier diskutierte Frage ausschließen – es geht daher eher um Informelles: um Kommunikationsprozesse, um Organisationskulturen, um Macht- und Ressourcenverteilung sowie um Förderstrukturen. Einige Thesen hierzu seien im Folgenden vorgestellt:

1. Effekte der Bildungsexpansion

Frauen gelten als Profiteure der Bildungsexpansion, die in allen westlichen Gesellschaften in den 1960er/1970er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stattgefunden hat – und für die allgemeinbildenden Schulen und den Erwerb von Studienberechtigung sprechen auch die oben angeführten Zahlen dafür, dass dies zutrifft. Allerdings sollte man Prozesse des Bildungssystems nicht isoliert betrachten. Auch im Wirtschaftssystem haben zeitgleich Verschiebungen stattgefunden – von der Industrie- zur Dienstleistungs- zur Wissens- zur Informationsgesellschaft, um die gängigen Schlagworte zu benutzen. Veränderungen in beiden Bereichen – in Wirtschaft und Bildungspolitik – haben Effekte auf die Berufsfelder und die Arbeitsmarktstrukturen.

Bezieht man diese Effekte in die Analyse ein, dann trifft die These von der Bildungsexpansion zwar immer noch zu, nicht aber die damit verknüpfte Vorstellung, ein höherer Bildungsabschluss führe auch selbstverständlich in entsprechend höhere berufliche Positionen. Interne, informelle Ausgrenzungspraktiken sorgen vielmehr dafür, dass Statusverbesserungen begrenzt bleiben: An die Stelle von Ausschluss tritt – so die These Michael Vesters – Abdrängung. Die Bildungsexpansion ist aufs Ganze gesehen ein horizontaler Prozess, Bildung ist keine Strategie des Aufstiegs, sondern der Umstellung derselben Berufsgruppe auf andere Anforderungen (vgl. Vester 2004, S. 21). Beziehen wir diese allgemeine Tendenz auf die Frage des Geschlechterverhältnisses im Wissenschaftsbereich, dann ist es nicht mehr ganz so erstaunlich, dass sich Frauen, auch wenn sie studieren, nah an klassischen weiblichen Berufsfeldern (Erziehung und Unterricht, medizinische Versorgung, Jugend- und Rechtspflege, betriebswirtschaftliche Richtungen) ausbilden. Interessant wird damit die Frage, wie dies geschieht, wie trotz freier Zugangsmöglichkeiten die konstatierte Geschlechtersegregation im Bereich von Bildung und Wissenschaft zustande kommt.

Neuere Analysen zur Studienfachwahl der Anfänger/innen (vgl. Heine, Spangenberg, Schreiber & Sommer 2005) zeigen, dass die Weichenstellung für eine geschlechtsspezifische Fachwahl bereits in der Schule erfolgt, wobei zwei Tendenzen, sich gegenseitig verstärken: Zum einen verlieren die technischen Fachrichtungen an den Fachoberschulen an Gewicht, was allgemein zum Rückgang ingenieurwissenschaftlicher Studiengangswahlen an den Fachhochschulen führt – die „Angleichung“ der Fachwahl zwischen den Geschlechtern geht hier also eher weg von den „männlich“ konnotierten Richtungen. Zum anderen führt das Leistungskursprinzip in den Gymnasien zur Wahl von Kursen, in denen man sich „stark“ fühlt – die nach wie vor in der Pubertät entwickelten geschlechtsspezifischen Leistungsstärken werden dadurch verstärkt und, da zugleich die Vorstellung verbreitet ist, insbesondere Naturwissenschaften könne man nur vorbereitet durch entsprechende Leistungskurse studieren, hat dies auch eine Verstärkung geschlechtsspezifischer Studiengangswahlen zur Folge. Es sind Prozesse dieser Art, die dafür sorgen, dass die Ausbildung für akademische Berufsfelder im Großen und Ganzen konventionellen Geschlechterbildern entspricht. Veränderungen sind natürlich dennoch zu beobachten, haben aber den Charakter „abgebremster“ Verschiebungen: „Der Frauenanteil in den Ingenieur- und Naturwissenschaften hat sich zwar in den letzten zwei Dekaden fast kontinuierlich erhöht, aber die Steigerungsraten sind sehr flach und zudem sehr unterschiedlich zwischen den Fächern. In den Ingenieurwissenschaften erreicht immer noch keiner der Studienbereiche einen Frauenanteil von mehr als 25% (…). In der Informatik stagniert der Anteil der Frauen und liegt seit 1981 stets unter 20 Prozent. In der Mathematik hingegen hat es seit Anfang der 1980er Jahre einen steten Anstieg des Frauenanteils gegeben, der inzwischen bei über 50% liegt. In den klassischen Naturwissenschaften ist Physik mit einem zwar gestiegenen, aber immer noch unter 20% liegenden Frauenanteil das am stärksten von Männern dominierte Fach, während in der Chemie die Frauen inzwischen etwa 50 Prozent der Studienanfänger ausmachen. Biologie mit annähernd zwei Dritteln Studienanfängerinnen ist das klassische „Frauenfach“ unter den naturwissenschaftlichen Studienbereichen.“ (Heine, Engeln, Kerst, Müller & Park 2006, S. 10)

Lassen sich so geschlechtsspezifische Merkmale der Studienfachwahl erklären, ist dadurch jedoch noch nicht nachzuvollziehen, wie der unterschiedliche Erfolg von Männern und Frauen innerhalb der Fachdisziplinen zustande kommt, in denen sie eine Ausbildung aufnehmen – am Studienerfolg in den grundständigen Studiengängen kann es nicht liegen, da Frauen eher bessere Ergebnisse erzielen als ihre männlichen Mitstudierenden. Auch innerhalb der Hochschulen, im Verlauf der Studienkarrieren muss es also Bremseffekte und Abdrängungsprozesse geben.

Die Organisation Universität – ihre Entscheidungsstrukturen, die Art und Weise, in der begabte junge Leute gefördert und unterstützt werden, sowie die Kultur der Umgangs- und Kommunikationsformen – rückt so ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

2. Organisationskultur in der Universität

War die Universität ursprünglich eine männliche Korporation mit patriarchalen Förderstrukturen, so wurde sie in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in eine von demokratisch funktionierenden Gremien gesteuerte Organisation weiter entwickelt. Die Statusgruppen wählen ihre Vertreter in Fachbereichskonferenzen, Senate und Konzile; sowohl die Mittelvergabe, als auch Berufungen sowie die Annahme von Dissertationen und Habilitationsschriften erfolgen in entsprechenden Gremien; die Qualität wissenschaftlicher Projekte wird durch ein Gutachtersystem abgesichert, peer-reviews und Evaluierungsverfahren sorgen für eine transparente Leistungskontrolle und meriokratische Entscheidungen.

Trotz dieser formalen Strukturen, die Unvoreingenommenheit hinsichtlich der Personen sichern sollen, und trotz der an vielen Hochschulen verabschiedeten Frauenförderpläne findet sich in den Universitäten das, wofür Ursula Müller den Begriff der „asymmetrischen Geschlechterkultur“ geprägt hat (vgl. Müller 2006, S. 16).

Nach aktuellem Forschungsstand spielen folgende Aspekte dabei eine Rolle:

Betrachtet man die hier (sicherlich nicht vollständig) wiedergegebenen geschlechtshierarischen Aspekte der Organisationskultur, dann entsteht der Eindruck eines Netzes von ineinander greifenden Verhaltensmustern und Kommunikationsstrukturen, die insgesamt dazu führen können, dass sich Studentinnen und Wissenschaftlerinnen zwar in ihren Sachgebieten und Forschungsmethoden sicher, auf dem akademischen Terrain aber fremd fühlen bzw. fremd sind. Ein theoretisches Erklärungsmodell für solche Phänomene findet sich in der Feldtheorie Bourdieus:

3. Akademisches Feld und wissenschaftlicher Habitus

Dass Wissenschaft sich zu einem autonomen gesellschaftlichen Feld entwickelt hat, gehört zu den seit dem 18. Jh. deutlich erkennbaren Prozessen der europäischen Moderne. Gesellschaftliche Felder bilden aufgabenspezifisch Kriterien heraus, die es zu erfüllen gilt, wenn man sich in ihnen erfolgreich bewegen will. Für das Wissenschaftsfeld sind zwei Kriterien offenkundig: Gefordert ist intellektuelle Leistungsfähigkeit (formelle, die sich in Abschlüssen und Noten abbildet und performative, die sich in der Betätigung zeigt) sowie ein besonderes Engagement für den jeweiligen Forschungsgegenstand. Gerade in der Verknüpfung der formellen mit den performativen Qualitäten öffnet sich ein Spannungsbogen zwischen formeller Zugehörigkeit zum wissenschaftlichen Feld (= wer eine Zulassung zum Studium bekommt, ist Mitglied der Universität) und legitimer Zugehörigkeit (= nur wer wirklich Exzellentes leistet, darf sich der Wissenschaft zugehörig fühlen). Damit sind zugleich die Kriterien und Bewertungskategorien formuliert, nach denen akademische Konkurrenz ausgetragen wird. Da sich Bourdieu dafür interessiert, wie sich die (durch Familienherkunft und Schichtzugehörigkeit bestimmte) Ausstattung der Einzelnen auf ihren Erfolg im jeweiligen Feld auswirkt, liegt sein Fokus nicht ausschließlich bei den expliziten, erlernbaren Anforderungen, vielmehr werden implizite Normen und Kriterien in die Analyse einbezogen. Dabei zeigt sich: Materielle Ressourcen, verfügbare hilfreiche Beziehungen, Kommunikations- und Verhaltensrepertoires, Denk-, Wahrnehmungs- und Bewertungsschemata – all dies gehört nicht nur zur (unterschiedlichen) Ausstattung der einzelnen Akteure, sondern muss auch in jedem einzelnen Feld in je unterschiedlicher Weise zum Einsatz gebracht werden. Von Kapital (wirtschaftliches, kulturelles, soziales, symbolisches) spricht Bourdieu, wenn diese Ressourcen als erwerbbare oder einsetzbare analysiert werden (vgl. Bourdieu & Wacquant 1996, S. 151), von Habitus, wenn sie als inkorporierte zu Eigenheiten der Person geworden sind (vgl. Bourdieu 2001, S. 177 f.; 181). Passen Kapital- und Habitus-Anforderungen eines Feldes und Kapital- und Habitusausstattung einer Person gut zusammen, dann bewegt sich die Person selbstverständlich und leicht in dem betreffenden Feld, Beziehungen und Kommunikationen gelingen, die persönlichen Ressourcen können zielgenau eingesetzt, Leistungen und Erfolge gut sichtbar gemacht werden. Wer eine feldfremde Ausstattung mitbringt, kann den expliziten Anforderungen häufig entsprechen, bewegt sich aber unsicher und schwerfällig in dem ihm fremden Feld.

Die Phänomene, die bei Vester als „Abdrängung“ und „Abbremsung“ bezeichnet worden sind, lassen sich innerhalb des Konzeptes Bourdieus als strukturelle Merkmale der Konkurrenz im wissenschaftlichen Feld erkennen: Nicht jede/r, der oder die sich in die Wissenschaft begibt, hat in diesem Feld dieselben Chancen, schon die Startbedingungen sind unterschiedlich. Und dies gilt nicht nur für die intellektuelle Leistungsfähigkeit im gewählten Fach – den Einsatz, um den im wissenschaftlichen Feld offiziell „gespielt“ wird – sondern auch für die Kapitalien, die jenseits der fachlichen Anforderungen für ein erfolgreiches Vorwärtskommen ausschlaggebend sind:[9] Eloquenz (stilsicheres Reden in großen Gruppen), gleichrangige Arbeitsbeziehungen (in eher anonymisierten sozialen Kontexten), Sichtbarkeit (für einflussreiche Hochschullehrer, Kollegen und die scientific community), Zeit (Finanzierung von Studium und Qualifikationsphasen ohne wissenschaftsferne Jobs sowie fördernde statt fordernder Familienbeziehungen), illusio (die Fähigkeit, sich „zeitlos“ in eine wissenschaftliche Frage zu vertiefen, ohne an anderes oder an die praktische Verwertbarkeit zu denken).

All diese Kapitalsorten werden durch die oben beschriebenen Aspekte von Schullaufbahn und universitärer Kultur in einer Weise beeinflusst, die zu schlechteren Konkurrenzbedingungen für Frauen führen.

Gehen wir nun noch einmal zu der am Anfang gestellten Frage zurück: Ist Wissenschaft immer noch ein für Frauen fremdes Terrain? – Das wohl nicht. Frauen bewegen sich in der Wissenschaft, leisten z.T. Hervorragendes, erobern sich gelegentlich auch Leitungspositionen, von selbstverständlicher Zugehörigkeit allerdings sind sie immer noch entfernt.

Text zuerst erschienen in alice. magazin der Alice Salomon Fachhochschule Berlin, 13/2006

Fußnoten

[1]: Christine de Pizan gilt als eine der ersten Theoretikerinnen, die sich mit dem Verhältnis von Weiblichkeit und Vernunft in einer Weise auseinandergesetzt hat, die als Plädoyer für das Aufgeben männlicher Privilegien gelesen werden kann. Vgl. Christine (de Pizan) 1995.

[2]: Mary Astell – eine sehr gebildete englische Adlige veröffentlichte eine Reihe von kleineren Schriften, in denen sie für die freie Wahl der Ehepartner und deren rechtliche Gleichstellung sowie für das Recht der Frauen auf Bildung eintrat. Vgl. Astell, Mary 1986.

[3]: Der Theoretiker des ökonomischen und politischen Liberalismus John Stuart Mill hat mit seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau Harriet Taylor Mill nicht nur eine offene Beziehung gelebt, die auf Gleichrangigkeit und intellektuellem Austausch basierte, sondern auch mit ihr gemeinsam einen Essay (Mill & Taylor Mill 1976) verfasst, der die intellektuellen Fähigkeiten von Frauen selbstverständlich anerkennt und für die Beteiligung der Frauen an Politik, Berufsleben und Wissenschaft plädiert.

[4]: Hedwig Dohm – eine zentrale Figur der beginnenden Ersten Frauenbewegung – hat sich vor allem für die politische Emanzipation der Frauen (Recht auf politische Beteiligung, auf öffentliche Ämter) eingesetzt; das Recht auf Bildung galt ihr als wichtige Voraussetzung. Vgl. Dohm, Hedwig 1986

[5]: Steht Hedwig Dohm am Anfang der Ersten Frauenbewegung, so gehört Anita Augspurg (eine Vertreterin des radikalen Flügels) eher in die Endphase – auch daran erkennbar, dass sie das Recht auf Bildung und Studium nicht nur forderte, sondern praktizierte. Vgl. Henke, Christiane 2000.

[6]: Dass es trotz des weitgehenden Ausschlusses von Frauen aus den Institutionen der Wissenschaft immer auch Frauen gegeben hat, die ihrem Wissensdrang folgten, zeigt z.B. das „Lexikon der Naturwissenschaftlerinnen“ (Vgl. Strohmeier 1998)

[7]: Die Zahlen stammen aus der Hochschulstatistik des Statistischen Bundesamtes 2002 (zitiert nach Müller 2006, S.11) – Daten die vor der Veränderung der Besoldungsstruktur im Hochschulbereich und vor der aktuellen Studienreform liegen.

[8]: Gleiche formale Zugangsbedingungen sind auf Grund hochschulpolitischer Maßnahmen wie Frauenförderungsrichtlinien und Etablierung von Gleichstellungsbeauftragten gerade im Wissenschaftsbereich relativ gut dokumentiert; beim geschlechtsspezifischen Studienwahlverhalten handelt es sich um Effekte der Fächerstruktur an Schulen und der über Leistungskurse gesteuerten Bildungsgänge (vgl. Heine, Engeln, Kerst, Müller & Park 2006).

[9]: Für das französische Bildungssystem sind die sozialen und emotionalen „Kosten“, die mit der akademischen Konkurrenz verbunden sind, gut deutlich gemacht in Bourdieus Selbstanalyse (vgl. Bourdieu 2002).

Literatur

Astell, Mary: Reflections upon Marriage (London 1700), Neuherausgabe in: B. Will (Ed.): The first English Feminist. Reflections upon Marriage and Other Writings by Mary Astell. Aldershot 1986

Bourdieu, Pierre & Wacquant, Loïc J. D.: Reflexive Anthropologie. Frankfurt (Suhrkamp) 1996

Bourdieu, Pierre: Meditationen. Zur Kritik der scholastischen Vernunft. Frankfurt (Suhrkamp) 2001

Bourdieu, Pierre: Ein soziologischer Selbstversuch. Frankfurt (Suhrkamp) 2002

Christine (de Pizan): Das Buch von der Stadt der Frauen (aus dem Mittelfranz. übertr., mit einem Kommentar und einer Einl. vers. von Margarete Zimmermann) . – Vollst. Ausg., 4. Aufl. . – München (Dt. Taschenbuch-Verl.), 1995

Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht – zur Frauenfrage; zwei Abhandlungen über Eigenschaften und Stimmrecht der Frauen. Reprint [d. Ausg.] Berlin (Wedekind & Schwieger) 1876; Neunkirch (Ala) 1986.

Großmaß, Ruth: Grenzverletzungen – „Psychische Folgen sexueller Übergriffe auf Studentinnen“. In: Heintz, Sybille & Staudinger, Susanne: Ein anderer Blick in die Universität. Regensburg (CH-Druck und VerlagsGmbH) 1996, S. 113–131

Heine, C.; Engeln, J.; Kerst, C.; Müller, E. & Park, S.-M.: Bestimmungsgründe für die Wahl von ingenieur- und naturwissenschaftlichen Studiengängen. HIS Hannover A 2/ 2006

Heine, C. Spangenberg, H.; Schreiber, J. & Sommer, D.: Studienanfänger 2003/04 und 2004/05. Bildungswege, Motive der Studienentscheidung und Gründe der Hochschulwahl. HIS Hannover A 15/2005

Henke, Christiane: Anita Augspurg. Reinbek bei Hamburg (Rowohlt-Taschenbuch-Verl.), 2000

Metz-Göckel, Sigrid & Kamphans, Marion: Gespräche mit der Hochschulleitung zum Gender mainstreaming. In: Zeitschrift für Frauenforschung und Geschlechterstudien. 20. Jg. H 3/ 2002, S. 67–88

Mill, John Stuart & Taylor Mill, Harriet: Die Hörigkeit der Frau. In: Mill, John Stuart; Taylor Mill, Harriet & Taylor, Helen: Die Hörigkeit der Frau und andere Schriften. Hrsg. von Hanelore Schröder. Frankfurt (Syndikat) 1976, S. 125–278 (Original 1869)

Müller, Ursula: Between Change and Resistance: Gender Structures and Gender Cultures in German Institutions of Higher Education. In: IFF-Info Universität Bielefeld. 23. Jg. Nr. 31, 2006, S. 7–20

Stromeier, Renate: Lexikon der Naturwissenschaftlerinnen und naturkundigen Frauen Europas. Thun & Frankfurt (Harri Deutsch) 1998

Vester, Michael: Die Illusion der Bildungsexpansion. Bildungsöffnungen und soziale Segration in der Bundesrepublik Deutschland. In: Engler, Steffanie & Krais, Beate: Das kulturelle Kapital und die Macht der Klassenstrukturen. Sozialstrukturelle Verschiebungen und Wandlungsprozesse des habitus. Weinheim/München (Juventa) 2004, S. 13–53

URN urn:nbn:de:0114-qn083368

Ruth Großmaß

Ruth Großmaß

Hochschullehrerin an der Alice Salomon Fachhochschule Berlin (ASFH), Homepage: http://www.asfh-berlin.de/hsl/index.phtml?id=433

E-Mail: grossmass@asfh-berlin.de

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