25 Jahre Empowerment der Frau

Rezension von Sarah Wittkopp

Hanna Beate Schöpp-Schilling, Cees Flinterman (Eds):

The Circle of Empowerment.

Twenty-Five Years of the UN Committee on the Elimination of Discrimination against Women.

New York: The Feminist Press 2007.

410 Seiten, ISBN 978–1–55861–563–2, $ 24.95

Abstract: Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Ausschusses des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (United Nations Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women, CEDAW) wird in dem Buch The Circle of Empowerment eine Bilanz der Arbeit des Vertragsorgans gezogen. Herausgegeben von Hanna Beate Schöpp-Schilling, dem deutschen Mitglied im CEDAW-Ausschuss seit 1989, und Cees Flinterman, dem niederländischen Mitglied seit 2003, enthält der Band Essays und persönliche Reflexionen von ehemaligen oder gegenwärtigen Mitgliedern des CEDAW-Ausschusses und UN-Mitarbeitern. Das Buch eignet sich als Einstieg in und Überblick über die Frauenrechtskonvention für Frauenrechtler/-innen, Wissenschaftler/-innen und Studierende, da es ein differenziertes Bild der Konvention, ihrer Mechanismen und ihrer Umsetzungsprobleme zeichnet. Gleichzeitig werden Hintergründe der tatsächlichen Arbeit eines Vertragsorgans beleuchtet, die sonst verschlossen bleiben.

Die Konvention als living instrument

Einen idealen Zugang zur Konvention bildet der einleitende Beitrag der Herausgeberin Hanna Beate Schöpp-Schilling. Sie arbeitet in ihrem Essay „Wesen und Reichweite der Konvention“ die Besonderheiten der CEDAW im Vergleich zu anderen Menschenrechtsinstrumenten heraus und schließt daran Definitionen der in der CEDAW verwendeten Rechtsbegriffe an. In knapper und doch umfassender Weise wird das Verständnis des Vertragsausschusses von den Begriffen Diskriminierung, Gleichheit, Geschlecht und Gender, von der Reichweite der Staatenverpflichtungen und der Pflicht zur unverzüglichen Umsetzung („acting without delay“), von zeitlich begrenzten Sondermaßnahmen, kulturellen und religiösen Gepflogenheiten und Praktiken und deren Verhältnis zu den Rechten der CEDAW erläutert.

Alte und neue Herausforderungen

Der zweite Teil des Buches behandelt übergreifende frauen- und menschenrechtliche Themen: Neben dem Konzept der Universalität und Unteilbarkeit der Menschenrechte, das vom CEDAW-Ausschuss zur Stärkung der Rechte der Frau insbesondere in Entwicklungsländern fruchtbar gemacht wurde (vgl. den Beitrag von Savitri Goonesekere), wird das Verhältnis der in der CEDAW enthaltenen Rechte und Gleichstellungsansprüche der Frau zu traditionellen kulturellen und religiösen Werten beleuchtet (vgl. den Beitrag von Frances Raday). Radays überzeugende Analyse der Sicht der Vertragsorgane der großen Menschenrechtsverträge und der CEDAW sowie der Rechtsprechung nationaler und internationaler Gerichte kommt zu dem Ergebnis, dass der rechtliche Vorrang des Anspruchs auf Gleichberechtigung und -stellung zwar vom Völkerrecht gefordert, in der Spruchpraxis nationaler (Verfassungs-)Gerichte jedoch nur zögerlich umgesetzt wird.

Elizabeth Evatt behandelt in ihrem Beitrag eine der neu entstehenden Herausforderungen: Sie zeichnet die Auswirkung der weltweiten wirtschaftlichen Globalisierung auf die Situation von Frauen nach. Bedrohungen gehen nicht mehr nur von Staaten, sondern auch von transnational agierenden Unternehmen aus. Trotz ihrer Verpflichtung aus Art. 2 (e) der CEDAW, privatwirtschaftliche Akteure an Diskriminierungen zu hindern, können viele Entwicklungsländer diese Verpflichtung wegen der finanziellen Übermacht der Unternehmen und ihrer eigenen schwachen Regelungsgewalt kaum erfüllen. Die Bemühungen internationaler Organisationen, der „Feminisierung der Armut“ (S. 117) zu begegnen, indem sie transnationale Unternehmen zur Achtung von Menschenrechten zu verpflichten versuchen und eigene Entwicklungshilfe- und Handelsprogramme gendersensitiv gestalten, werden von der Autorin übersichtlich dargelegt.

Die weiteren Beiträge dieses Kapitels stellen umfassend sonstige die CEDAW betreffende Themen und Hindernisse dar. Zusätzlich wäre ein Artikel über die von vielen Staaten angebrachten Vorbehalte, von denen einige sicherlich gegen Sinn und Zweck („object and purpose“) der Konvention verstoßen, von Interesse gewesen.

Die Konvention in der Praxis

Die Aufsätze im folgenden Teil des Buches sind den sich bei der Um- und Durchsetzung einzelner Konventionsbestimmungen entstehenden Problemen gewidmet; so unterschiedliche Themen wie Prostitution und Menschenhandel, politische Teilhaberechte der Frau, Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt, Gesundheit und die Rechte von Frauen in ländlichen Gebieten werden in Essays von unterschiedlicher Struktur und inhaltlicher Tiefe dargestellt.

Heisoo Shin beispielsweise schildert in ihrem Beitrag über das in der Konvention nicht ausdrücklich erwähnte Querschnittsthema Gewalt gegen Frauen eine der großen Errungenschaften des CEDAW-Ausschusses: Die bisher auf internationaler Ebene fehlende Verbindung („missing link“, S. 229), dass nämlich Gewalt gegen Frauen eine Verletzung ihrer Menschenrechte und somit eine von der Konvention verbotene Form der Diskriminierung ist, stellte der Ausschuss in seiner Allgemeinen Empfehlung Nr. 19 aus dem Jahr 1993 her.

Die Essays eignen sich als Einstieg in die von den Konventionsartikeln geregelten Themenkomplexe; interessant wäre lediglich die Einbeziehung weiterführender Literaturhinweise gewesen. Teils werden die Beiträge von persönlichen Reflexionen ehemaliger Ausschussmitglieder zu den jeweiligen Themen begleitet. Diese vermögen Licht auf Hintergründe der Arbeit des Ausschusses und auf Umsetzungsschwierigkeiten in einzelnen Mitgliedstaaten zu werfen und ergeben so ein Bild der Wirkungskraft der Konvention auf das Leben der Frauen in unterschiedlichen Kulturkreisen.

Ein Experiment in interkultureller Verständigung

Der vierte Teil des Buches ist dem Ausschuss selbst gewidmet, und hier nehmen die persönlichen Reflexionen der ehemaligen CEDAW-Mitglieder auch den größten Raum ein. Nach einer Einführung in Zusammensetzung, Arbeitsweise und Mechanismen des Ausschusses von Hanna Beate Schöpp-Schilling nehmen ehemalige Mitglieder in persönlichen Erinnerungen Stellung zur Entwicklung der Arbeit des Ausschusses. Trotz einiger wohl unvermeidbarer inhaltlicher Überschneidungen tragen diese in ihrer Vielfalt zu einem tieferen Verständnis der speziellen Herausforderungen und Problemlösungsstrategien eines Vertragsorgans bei, das aus Mitgliedern sämtlicher Kulturkreise besteht. Es wird sichtbar, wie unterschiedlich die Beitragenden – kulturell bedingt – die Konvention verstehen; gleichzeitig erklärt sich so die in Teilen heterogene Spruch- und Berichtspraxis des Ausschusses.

Anschließend identifiziert Cees Flinterman in seiner Analyse der bisherigen Spruchpraxis des Ausschusses die innovativen Ansätze des Individualbeschwerdeverfahrens, wie es in dem 1999 in Kraft getretenen Zusatzprotokoll vorgesehen ist. Gleichzeitig beleuchtet er die Hindernisse für dessen Nutzung als wirksames prozedurales Mittel zur Durchsetzung der Rechte aus der Konvention.

Ausblick

Der letzte Teil des Buches, bestehend aus drei persönlichen Reflexionen, enthält einen Blick auf bleibende Herausforderungen und den Weg nach vorn. Die Autoren und Autorinnen sind sich einig, dass trotz aller Errungenschaften und Verbesserungen während der letzten 25 Jahre noch viele Reformen notwendig sind, um den Ausschuss zu einer effizienten Institution zur Erreichung substantieller Gleichheit von Männern und Frauen zu machen.

Fazit

Der Sammelband hält die Balance zwischen rechtlicher Information und persönlicher Reflexion. In der Identifizierung neuer Hindernisse und Gefahren für die Durchsetzung von Frauenrechten, wie wirtschaftliche Globalisierung, die Häufung von Bürgerkriegen und ihre nachteiligen Auswirkungen auf die Situation der Frau, bleibt die Perspektive des Sammelbandes nicht bloß retrospektiv; vielmehr wird ein vorausschauender Blick auf die kommenden, noch zu bewältigenden Herausforderungen des Ausschusses geworfen.

Exemplarisch wird der Kampf gegen die Diskriminierung der Frau am Beispiel der wachsenden Akzeptanz und des wachsenden Selbstvertrauens des Ausschusses beleuchtet. So webt sich aus den vielen persönlichen Erinnerungen ein bunter Teppich der Konvention und ihrer Geschichte.

Ein nicht nur in diesem Buch viel beklagter Missstand ist der geringe Bekanntheitsgrad der CEDAW. Um die Verbreitung der Konvention und die Nutzung der vom Ausschuss geschaffenen Mechanismen im deutschsprachigen Raum zu stärken, wäre eine deutsche Übersetzung empfehlenswert.

URN urn:nbn:de:0114-qn092324

Sarah Wittkopp

Freie Universität Berlin, Fachbereich Rechtswissenschaft

E-Mail: sarah.wittkopp@fu-berlin.de

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