Zum 1.7.2007 wurde am Lehrstuhl für Zivilrecht und Rechtsgeschichte der Leibniz Universität Hannover ein neues, in der ersten Projektphase für zunächst zwei Jahre mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Projekt zur rechtshistorischen Frauenforschung begonnen. Die derzeitigen Projektarbeiten werden im Auftrag Prof. Dr. Stephan Meders von Dr. Arne Duncker geleitet und von den wissenschaftlichen Hilfskräften Stavros Kitsakis und Eileen Lachmann sowie den studentischen Hilfskräften Daniel Bartell, Christoph Sorge und Jonas Kade unterstützt. Weiterhin wirkt Dr. Andrea Czelk am Projekt mit. Interessierten Bearbeiterinnen und Bearbeitern – insbesondere mit Sprachkenntnissen – wird unter bestimmten Voraussetzungen die Übernahme von Dissertationen und Beiträgen ermöglicht. Zwei Dissertationsvorhaben externer Projektinteressenten befinden sich bereits in Arbeit.
Das Projekt knüpft an den seit 1998 am Lehrstuhl beheimateten Forschungszusammenhang zur rechtshistorischen Geschlechterforschung an, welcher bisher u. a. zwölf Dissertationen und eine Reihe von Aufsätzen, ein DFG-gefördertes Projekt und mehrere Kleinprojekte, diverse Forschungskolloquien und Lehrveranstaltungen sowie die Begründung der Schriftenreihe „Rechtsgeschichte und Geschlechterforschung“ im Böhlau-Verlag beinhaltete.
Während die bisherigen Forschungen vorrangig die Vorgänge in Deutschland untersuchten, namentlich die Rechtskämpfe und konkreten familienrechtlichen Forderungen der deutschen Frauenbewegungen 1865–1933, soll das neu begonnene Projekt „Internationale Reformforderungen zum Familienrecht und Rechtskämpfe des Frauenweltbundes 1830–1914“ speziell die internationale Geschichte der Reformforderungen von Frauenseite erforschen und mit der deutschen Entwicklung vergleichen. Das Projekt wird die juristisch relevanten Schriften des 1888 begründeten Frauenweltbundes (International Council of Women) insbesondere zum Ehe- und Familienrecht auswerten und darüber hinaus auch Differenzen und Übereinstimmungen zwischen den wichtigsten der dort zusammengeschlossenen nationalen Frauenverbänden auf ihre Ursachen überprüfen.
Ziel ist die Erarbeitung von Elementen einer vergleichenden Familien- und Frauenrechtsgeschichte Englands, der Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreichs, der skandinavischen Länder und Deutschlands. Diese soll nicht nur die Zeit nach Begründung des International Council of Women umfassen, sondern auch die Vorgeschichte und frühe rechtlich relevante Forderungen der Frauenbewegungen unterschiedlicher Nationen ab ca. 1830. Zu fragen ist dabei namentlich nach den Ursachen internationaler Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Solche Ursachen müssen nicht immer ‚interne‘ Faktoren der nationalen Frauenbewegungen selbst sein, sondern können auch ‚externer‘ Natur sein und im jeweiligen nationalen Rechtssystem begründet liegen. Unterschiedliche Rechtssysteme tragen zu unterschiedlichen Reformforderungen bei. Daher ist ergänzend zu den von Frauenseite geäußerten Reformforderungen auch die generelle Rechtsstellung der Frau in den jeweiligen Staaten zu untersuchen. Insofern soll eine frauengeschichtliche Rechtsvergleichung erfolgen, welche die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert geltenden Normen zum Gegenstand hat. Beispiel für eine frauenfreundliche Rechtsreform dieser Zeit ist der damals in ganz Europa beachtete englische Married Women’s Property Act von 1882, welcher zu grundlegenden Verbesserungen im Ehelichen Güterrecht führte. Weiterhin sollen die Positionen wichtiger männlicher Rechtsreformer untersucht werden, welche der Frauenbewegung nahe standen, wie John Stuart Mill in England und Louis Bridel in der französischsprachigen Schweiz.
URN urn:nbn:de:0114-qn092345
Dr. Arne Duncker
Leibniz Universität Hannover, Juristische Fakultät, Lehrstuhl für Zivilrecht und Rechtsgeschichte
E-Mail: arne.duncker@t-online.de
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