Liebe Leserinnen und Leser,
es ist ‚Mode‘, sich mit Mode zu beschäftigen. Dies gilt nicht nur für die populäre massenmediale Vermarktung der Themen ‚Schönheit‘ und ‚Körper‘ in Filmen, Fernsehsendungen, Videoclips und im Internet. An der Vielzahl einschlägiger Neuerscheinungen wird deutlich, dass auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit Mode und Körperinszenierungen derzeit (wieder) Konjunktur hat – nicht zuletzt aufgrund der die wissenschaftliche Analyse geradezu herausfordernden Phänomene aktueller Schönheits- und Körperpraktiken.
In der Modeforschung seit den 1980er Jahren steht die Frage nach der repressiven Funktion konventioneller Dresscodes (und den Möglichkeiten, diese subversiv zu unterlaufen) im Mittelpunkt. Diese Frage ist – wie die Rezension von Rolf Füllmann zu Hannelore Schlaffers „Mode, Schule der Frauen“ und die Forumsbeiträge von Charlotte Giese und Gudrun Schäfer zeigen – keineswegs überholt. Sie wird jedoch ergänzt und erweitert durch Untersuchungen, in denen Mode als „komplexes ästhetisches und soziokulturelles System“ (Susanne Gramatzki über den von Annette Geiger herausgegebenen Band „Der schöne Körper“) oder als „performatives Phänomen“ (Gertrud Lehnert über Ruth Sprenger: „Die hohe Kunst der Herrenkleidermacher“) betrachtet wird. Brunhilde Wehinger erläutert in ihrem Rezensionsessay zu „Mode, Kleidung, Kunst“ die „neue[n] Perspektiven für die Erforschung der Mode als Medium der individuellen und zugleich gruppenspezifischen Inszenierung im öffentlichen Raum“. Sie stellt exemplarisch zwei Forschungsarbeiten vor, in denen gezeigt wird, wie sowohl im alltäglichen Ankleiden als auch in der textilen Kunst Geschlechterordnungen inszeniert, irritiert und unterlaufen werden.
Die Geschichte dieser Selbstinszenierungen ist in modegeschichtlichen Neuerscheinungen zu verfolgen (vgl. die Rezensionen von Julia Bertschik, Elke Gaugele, Jens F. Heiderich). Die aktuellen Schönheits- oder Normierungspraktiken stehen im Mittelpunkt von Forschungsarbeiten, die die Modellierungen des Körpers durch „Selbsttechnologien“ (vgl. die Rezension von Zuzanna Jakubowski) oder operative Anpassungen (vgl. dazu Ruben Marc Hackler über Judith Butler) untersuchen.
Im „offenen Teil“ der vorliegenden Ausgabe finden sich Rezensionen zu Neuerscheinungen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen wie Politik-, Sozial- und Geschichtswissenschaften, Psychoanalyse, Hirnforschung und Philosophie.
Wie immer freuen wir uns über Rezensionsangebote und möchten Sie deshalb nachdrücklich auf unsere Vorschlagliste hinweisen: http://www.querelles-net.de/index.php/qn/pages/view/vorschlaege
Ihre Redaktion querelles-net
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