Liebe Leserinnen und Leser,
neuere Raumkonzepte und Gendertheorien sind über den Aspekt der Konstruktion verknüpft. Während traditionelle Auffassungen von der Stabilität und klaren Begrenzbarkeit von Räumen ausgingen, interessiert seit einiger Zeit vermehrt, wie Räume, ebenso wie Geschlechterverhältnisse, durch soziale Praxis, regulatives Handeln, aber auch durch sprachliche Bezeichnungen erzeugt werden, sich konstituieren und verändern.
Bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema ‚Raum‘ erweist sich die Berücksichtigung von Geschlechteraspekten – aber auch weiterer Differenzkategorien wie Klasse, Ethnizität, Alter etc. – als besonders ergiebig. Gezeigt werden kann, wie sich soziale Wandlungsprozesse sowohl in der Veränderung der Raum- als auch der Geschlechterordnung abbilden. Raum ist, so Nina Schuster in ihrem Beitrag zum Forum, schließlich ein „durch und durch soziales Gebilde“.
Die aktuelle Auseinandersetzung mit den Kategorien Geschlecht und Raum findet ihren Niederschlag in den Sozialwissenschaften und der Anthropogeographie, aber auch in den Kultur- und Geisteswissenschaften. Die in der aktuellen Ausgabe von querelles-net besprochenen Titel zeigen die unterschiedlichen Forschungsperspektiven der einzelnen Disziplinen, aber auch konvergierende Entwicklungen etwa hinsichtlich der Bemühungen um eine neue methodisch-theoretische Fundierung eines geschlechtssensiblen Raumkonzepts.
Der Schwerpunkt beginnt mit Katharina Fleischmanns Rezension eines Überblicksbandes zur feministischen Geographie. Gabriele Sturm widmet sich Methoden der Mobilitätsforschung, ebenfalls unter methodischer Fragestellung bespricht Ortrun Brand die Webseite des Gender Index. Der Aspekt der Regulierung des öffentlichen Raums steht im Mittelpunkt der von Jenny Künkel und Kerstin Dörhöfer rezensierten Bände. Wie sich Machtverhältnisse im Umgang mit (öffentlichen) Räumen ausdrücken, zeigen auch die von Nina Schuster und Zara S. Pfeiffer besprochenen Neuerscheinungen. In Monika Kaisers Rezension werden die temporär geschaffenen Räume feministischer Frauenausstellungen vor und um 1900 behandelt. Abschließend werden in den Rezensionen von Susanne Hochreiter und Zuzanna Aleksandra Jakubowski neuere Untersuchungen zur literarischen Konstruktion von Räumen vorgestellt.
Im Offenen Teil dominieren – entsprechend den Veröffentlichungsschwerpunkten – Besprechungen von Titeln aus Sozial- und Geschichtswissenschaften. Eingeleitet wird diese Rubrik durch eine Besprechung zu Kucklicks Das unmoralische Geschlecht.
Im Forum zeigt Wiebke Amthor, dass sich das foucaultsche Konzept der Heterotopie außerordentlich gewinnbringend für die Beschreibung der Stadt Venedig und ihrer Spiegelungen in Kunst, Fotografie, Literatur und auch in der Popkultur anwenden lässt. Nina Schuster begibt sich in ihrem Bildessay auf die Suche nach ‚queeren Räumen‘.
Wie immer freuen wir uns über Rezensionsangebote und möchten Sie deshalb nachdrücklich auf unsere Vorschlagliste hinweisen: http://www.querelles-net.de/index.php/qn/pages/view/vorschlaege
Ihre Redaktion querelles-net
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