Judith Will:
Familienförderung im Sozialrecht.
Eine Darstellung familienfördernder Leistungen, ihrer Defizite und Reformmöglichkeiten.
Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2009.
260 Seiten, ISBN 978-3-8300-4147-4, € 78,00
Abstract: In ihrer sehr gut strukturierten Arbeit über gegenwärtige sowie zukünftig neu zu schaffende famlienfördernde Leistungen im Sozialrecht gibt Judith Will einen ausführlichen und weitgehend vollständigen Überblick über sämtliche wesentlichen Sozialleistungen zur Familienförderung. Will untersucht außerdem eine Reihe von Reformansätzen und Lösungsmodellen, mit welchen den bestehenden Defiziten begegnet werden soll, und neigt dabei zu einer Lösung, welche auf den Ausbau von Dienstleistungen für Familien setzt, z. B. durch Ausbau und qualitative Verbesserung öffentlicher Kinderbetreuung in Kindergärten, Krippen und Horten. Dies trage auch zu verbesserten Erwerbschancen für Frauen sowie zur Vermeidung von Familienarmut bei.
Judith Will analysiert bestehende und angestrebte familienfördernde Leistungen im Sozialrecht vor dem Hintergrund sozialwissenschaftlicher, ökonomischer, historischer und rechtspolitischer Befunde. Sie weist zurecht darauf hin, dass je nach Art der Leistungen eine jeweils unterschiedliche Familienstruktur gefördert wird – was unmittelbare Auswirkungen auf die Erwerbsbiographie und Lebensgestaltung der betroffenen Frauen und Familien habe.
Die Arbeit ist in insgesamt acht Kapitel eingeteilt. Von diesen befassen sich die ersten zwei mit einleitenden Anmerkungen sowie der Klärung von Grundbegriffen, es folgen der dritte und vierte Abschnitt mit den familiensoziologischen, geschichtlichen und rechtspolitischen Rahmenbedingungen. Nach Inhalt und Umfang bilden der fünfte bis siebte Teil den eigentlichen Schwerpunkt der Arbeit. Dort werden das geltende System sozialrechtlicher Familienförderung beschrieben, die Defizite geltender sozialrechtlicher Familienförderung herausgearbeitet und schließlich drei Modelle zur Reform der Familienförderung vorgestellt. Zum Abschluss der Arbeit werden kurz Schlussfolgerungen und Thesen entworfen.
Einleitend werden mit Bezug auf aktuelles, vorwiegend journalistisches Schrifttum ein Teil der gegenwärtigen familienpolitischen Diskussionen skizziert und die dahinterstehenden „konkreten politischen Visionen“ reflektiert, anschließend wird die weitergehende Frage gestellt, wie sich solche unterschiedlichen Wege der Familienförderung im Sozialrecht verwirklicht hätten. Hier knüpfen die Ausführungen zum „Ziel der Untersuchung“ an: Die jeweiligen politischen Visionen spiegeln sich, so Will, in jeweils unterschiedlichen Modellen im Sozialrecht wider. Während Familie wie Familienförderung bisher vor allem Gegenstand soziologischer und politischer Untersuchungen gewesen seien, solle die Familienförderung nunmehr aus rechtlicher Sicht beleuchtet werden. Insoweit sei die Bearbeitung als spezifisch sozialrechtlicher Beitrag zur aktuellen familienpolitischen Diskussion zu verstehen. Sodann wird mit dem „Gang der Untersuchung“ die Gliederung der Arbeit vorgestellt, und es werden die Begriffe „Familie“ und „sozialrechtliche Familienförderung“ näher bestimmt.
„Familie“ im verfassungsrechtlichen Sinn wird demnach im Anschluss an eine Auslegung von Art. 6 GG bezeichnet als die „Zwei-Generationen-Familie“, „das heißt eine Gemeinschaft aus Eltern oder einem Elternteil und mindestens einem Kind, die jedoch vielfältige Formen aufweisen kann“ (S. 12). Familie in der sozialrechtlichen Familienförderung sei die Lebensgemeinschaft aus mindestens einem Elternteil und mindestens einem Kind (einschließlich Lebensgemeinschaften mit Pflegekindern). Sozialrechtlich betrachtet unterstehe auch die Beziehung zwischen dem pflegenden Angehörigen und dem Gepflegten dem Begriff „Familie“. „Sozialrechtliche Familienförderung“ umfasse die Maßnahmen, die an den Bestand einer Familie anknüpfen und diese durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen begünstigen oder entlasten.
Im Rahmen der einleitenden Darstellung wird deutlich, dass das thematische Umfeld der vorliegenden Arbeit jedenfalls von juristischer Seite bisher überwiegend im Rahmen von Handbuchbeiträgen und Aufsätzen (u. a. Lecheler 1986, Dinkel 1987, Steiger 1987, Zeidler 1994, Scherf 1994, Oberhauser 1996, Hase 1996, Fuchs 2002) sowie Gesetzeskommentaren, weniger in Monographien erörtert worden ist. Zu letzteren wird namentlich verwiesen auf Heldmanns Arbeit zum Kinderlastenausgleich (Heldmann, Elanie: Kinderlastenausgleich in der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt am Main u. a.1986), Pechsteins Habil.-Schrift zur sozial- und verfassungsrechtlichen Gestaltung von Familiengerechtigkeit (Pechstein, Matthias: Familiengerechtigkeit als Gestaltungsgebot für die staatliche Ordnung. Baden-Baden 1994) sowie Tünnemanns neuere Untersuchung über den verfassungsrechtlichen Schutz der Familie und die Förderung der Kindererziehung im Rahmen des staatlichen Kinderleistungsausgleichs (Tünnemann, Margit: Der verfassungsrechtliche Schutz der Familie und die Förderung der Kindererziehung im Rahmen des staatlichen Kinderlastenausgleichs. Berlin 2002). Im späteren Verlauf der Arbeit wird zudem auf Kirsten Scheiwe (Kinderkosten und Sorgearbeit im Recht – eine rechtsvergleichende Studie. Frankfurt am Main 1999) eingegangen.
Im folgenden Teil der Arbeit werden zunächst unterschiedliche Rahmenbedingungen der Familienförderung erläutert. Hierbei wird anfangs unter Bezugnahme auf statistisches Material die gegenwärtige Sozial-, Erwerbstätigkeits- und Einkommensstruktur deutscher Familien dargestellt. Unter dem Titel „familialer Wandel“ wird kurz (und etwas pauschalisierend) unter Bezug auf das gängige sozialwissenschaftliche Schrifttum die Entwicklung der Familienstruktur seit Beginn der Industrialisierung ausgeführt. Positiv hervorzuheben ist in diesem Abschnitt freilich ein Unterabschnitt über „familiale Entwicklungen in der DDR“, in welchem recht differenziert und unter guter Einbeziehung rechtlicher und politischer Entwicklungen eine aufschlussreiche Vergleichsbasis zur westdeutschen Entwicklung einbezogen wird.
Die „Geschichte sozialrechtlicher Familienförderung“ nahm, so Will (S. 37), ihren „Ursprung“ in der bismarckschen Sozialversicherung. Dies ist hier zweifellos konsequent, insoweit die Arbeit aufbauend auf den Definitionen im einleitenden Teil ausschließlich das Sozialrecht im heutigen Sinne im Auge hat und die historische Darstellung überhaupt erst mit der Industrialisierung beginnen lässt. Diese nicht prinzipiell falsche, aber doch sehr gegenwartsbezogene Sicht von Geschichte führt – jedenfalls aus Sicht eines Rechtshistorikers – leider dazu, dass naheliegende ältere rechtshistorische Befunde völlig unter den Tisch fallen, obwohl sie hier zu sehr interessanten Vergleichen hätten beitragen können, so z. B. die durch staatliche Bevölkerungspolitik motivierten Ehegesetze des Augustus (die natürlich kein Sozialrecht im heutigen oder Bismarckschen Sinne darstellten, aber durchaus auch als ein System rechtlicher und wirtschaftlicher Anreize zur staatlichen Beeinflussung der Familienstruktur verstanden werden können). Die bei Will mit den gegen Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden Regelungen des Sozialversicherungsrechts beginnende Darstellung umfasst weiterhin den Ausbau der Familienförderung außerhalb der Sozialversicherung (mit guten Bezügen auf die wichtige Arbeit von Kirsten Scheiwe: Kinderkosten und Sorgearbeit im Recht. Frankfurt am Main 1999), die Rolle des Bundesverfassungsgerichts im Auf- und Ausbau familienfördernden Sozialrechts seit 1992 sowie neue und neueste Regelungen zur Förderung der Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie.
Im nun folgenden Abschnitt wird auf die Motive staatlicher Familienförderung eingegangen. Diese sei nicht allein in Reaktion auf den sozialen Wandel der Familie erfolgt, sondern auch im Hinblick auf weitere wirtschafts- und sozialpolitische Interessen. Die politischen Anliegen umfassen neben der Familienpolitik im engeren Sinne auch frauen- und geschlechterpolitische Interessen (Gleichstellung der Geschlechter), Kindeswohl bzw. Kinderschutz sowie weitergehende Erwägungen der Sozial- und Wirtschaftspolitik, z. B. Zuwachs der Geburtenrate, „Förderung des Humankapitals im Sinne des Erwerbspotenzials“ (S. 61). Für die Rechtfertigung sozialrechtlicher Familienförderung lassen sich, so Will, drei wesentliche Begründungsansätze ermitteln: zunächst eine ökonomische Ebene, welche die wirtschaftliche Bedeutung der Familie und ihrer Leistungen betone, weiterhin dienen die besonderen wirtschaftlichen Lasten der Familien als Rechtfertigungsgrund, der dritte Rechtfertigungsansatz betont die Notwendigkeit, Familiengründung in jedem Lebensentwurf realisieren zu können und jedem ein Recht auf Familie als elementares Menschenrecht zu gewährleisten.
Im nun folgenden umfangreichen Abschnitt zum geltenden System sozialrechtlicher Familienförderung wird die Vielfalt unterschiedlicher Leistungstatbestände in systematischer Form dargestellt und im Hinblick auf die jeweils verfolgten Motive analysiert.
Dem ersten Unterabschnitt „Bedarfsicherung und Schutz der Familie“ sind die Mehrzahl der Leistungstatbestände zugeordnet: Mutterschaftsleistungen nach §§ 195 ff. RVO, Familienversicherung, Krankengeld bei Erkrankung des Kindes, Hinterbliebenenversorgung der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Witwen-/Witwerrente, Zuschlag für Zeiten der Kindererziehung, Waisenrente, Erziehungsrente), Ausbildungsförderung, Unterhaltsvorschuss, Wohngeld, Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe, Regelungen zur (Re-)Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt gem. §§ 8–8b. SGB III, Bedarfssicherung im SGB II und SGB XII.
Demgegenüber werden im zweiten Unterabschnitt, „Stärkung der Unterhaltsfähigkeit der Familie“ Kindergeld, Kinderfreibeträge, Elterngeld, Elternzeit, die soziale Sicherung während des Elterngeldbezuges und der Elternzeit sowie Lohnersatzleistungen der Arbeitslosenversicherung zugunsten von Berechtigten mit Unterhaltspflichten besprochen. Der „Anerkennung und Honorierung von Familienarbeit“ (dritter Unterabschnitt) sind die Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sowie die soziale Sicherung der Pflegeperson (Pflegegeld und Versicherungsschutz) zugeordnet.
Des weiteren werden die „Defizite geltender sozialrechtlicher Familienförderung“ untersucht. Nach einem vergleichenden Blick in andere Staaten Europas (Schweden, Frankreich, Vereinigtes Königreich) werden mit Bezug auf Deutschland Defizite in folgenden Bereichen dargelegt: Zentrierung des Förderungssystems auf das modernisierte Ernährermodell und die Förderung der Ehe (meint u. a.: Versorgungslücken in der öffentlichen Kinderbetreuung, familiäre Betreuung des Kindes in den ersten drei Jahren in der Regel zu Hause durch die Mutter), Nichtberücksichtigung der Lebensvorstellungen junger Familien, volkswirtschaftliche Defizite (Leistungspotential von Frauen bleibt ungenutzt) und ungerechte Umverteilungswirkungen, keine erfolgreiche Strategie zur Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut (höhere Armutsgefahr junger Familien, u. a. durch Ausfall von Einkommen, wird nicht hinreichend kompensiert), Verzögerung der Selbständigkeit junger Erwachsener und komprimierte, auf den männlichen Ernährer ausgerichtete Erwerbsbiographien. Quintessenz dieser unterschiedlichen Punkte dürfte sein, dass der Ausfall von Erwerbszeiten und Erwerbseinkommen für Eltern, in der Regel für Mütter, kritisiert wird und ein deutlicher Ausbau der außerhäuslichen Kinderbetreuung, namentlich in den ersten Lebensjahren, verlangt wird. Damit dürfte das Ziel verfolgt werden, Benachteiligungen von Eltern bzw. Müttern abzubauen. Freilich wird auch an verschiedener Stelle betont, man solle auf diese Weise Eltern als „Humankapital“ umfassend der Volkswirtschaft verfügbar machen (S. 141 f., vgl. auch S. 60 f., 63 f.).
Abschließend werden drei Modelle zur Reform der Familienförderung besprochen. Beim ersten Modell handelt es sich um eine sozialversicherungs- und steuerinterne Lösung (Bezugnahme u. a. auf Borchert, Jürgen: Der „Wiesbadener Entwurf“ einer familienpolitischen Strukturreform des Sozialstaats. In: Hessische Staatskanzlei (Hg.): Die Familienpolitik muss neue Wege gehen! Wiesbaden 2003, S. 19–152). Hiergegen werden zunächst praktische Umsetzungsschwierigkeiten und verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht. In ihrer grundlegenden Kritik allerdings (vgl. S. 162–164) bemängelt Will, dass diese Lösung ein überwundenes Familienmodell, das Ernährermodell, aufwerte und überdies die Kinderarmut nicht ausreichend bekämpfe.
Das zweite Modell (Gleichstellung der Familienarbeit mit Erwerbsarbeit – Ökonomisierung familialer Leistungen) basiert neben der sozialversicherungsrechtlichen Anerkennung von Familienarbeit ganz wesentlich auf Vorstellungen eines Erziehungsgehalts (vgl. u. a. Leipert, Christian/Opielka, Michael: Erziehungsgehalt 2000. Bonn 1998; Opielka, Michael: Bezahlte Elternschaft. In: ZSR 1997, S. 891–924; Opielka, Michael: Das Konzept „Erziehungsgehalt 2000“. In: Aus Politik und Zeitgeschichte B 3–4/2000, S. 13–20 ). Hier wäre im Übrigen ein Bezug auf recht ähnliche Vorschläge in der älteren Frauenbewegung kurz nach 1900 denkbar gewesen, vorliegend bleibt es beim aktuellen Schrifttum. Auch dieser Vorschlag wird kritisiert. Familienarmut werde hier nur kurzfristig vermeiden, aber nicht dauerhaft überwunden. Das Erziehungsgehalt vermittle negative Arbeitsanreize und fördere die weibliche Erwerbsbeteiligung eben gerade nicht. In einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise formuliert Will hierzu „Bildungskosten [der Mütter] werden infolge eines mehrjährigen Ausstiegs aus dem Erwerbsleben nicht amortisiert. Sie drohen auf Dauer zu verfallen.“ (S. 174).
Es verbleibt als drittes Modell „Vereinbarkeit von Familie und Beruf − Ausbau der Dienstleistungen für Familien“. Komponenten hiervon sind der Ausbau und qualitative Verbesserung öffentlicher Kinderbetreuung, Einführung eines lohnabhängigen Erziehungsgeldes, Individualisierung des Steuer- und Sozialversicherungssystems (beispielsweise Abbau des Splittings), Zeit- und Ortsouveränität von Eltern auf dem Arbeitsmarkt, frühere ökonomische Selbständigkeit junger Erwachsener. Dieses Reformmodell wird überwiegend befürwortet, mit gewissen Bedenken u. a. hinsichtlich der Finanzierung sowie der Akzeptanz bei Arbeitgebern.
Insgesamt neigt Will diesem Modell deutlich mehr zu als den anderen Lösungsansätzen und befürwortet in ihren Schlussfolgerungen und Thesen dann konsequent den Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung. Hinzu kommen namentlich eine gesonderte finanzielle Unterstützung kinderreicher Familien sowie eine Einbeziehung von Vätern in die Familienarbeit, nicht zuletzt, um dadurch Müttern verstärkten Zugang zur Erwerbstätigkeit zu verschaffen.
Zu den Stärken der Arbeit gehört die sehr übersichtliche logische Binnenstruktur, welche durch einführende Darstellungen des Untersuchungsgangs am Beginn der jeweiligen Abschnitte und Unterabschnitte zusätzliche Unterstützung findet. Will gelangt so auf einem klar definierten Weg zu durchweg nachvollziehbaren und vertretbaren Schlussfolgerungen, wenngleich – je nach familienpolitischer Zielsetzung – sicherlich auch andere Lösungsmöglichkeiten als die von Will skizzierte ebenfalls vertretbar wären. Leider fehlt ein Sachregister, dieses wäre zur schnellen Erschließung der Informationen sehr hilfreich gewesen.
Inhaltlich dürfte für Will die Sicherung der Erwerbsmöglichkeiten von Müttern im Vordergrund stehen, daneben und damit verbunden die Gleichstellung der Geschlechter sowie die Vermeidung von Kinder- und Familienarmut. Der Weg, den sie hierzu beschreiten will, ist ganz wesentlich von einer Auslagerung von Familienarbeit nach ‚außen‘ geprägt, also in Kinderkrippen, Horte etc. Ein gewisser Bedeutungsverlust der familiären Erziehung wird dabei in Kauf genommen. Die berufslose Familienzeit wird nicht nur als einkommensarme Zeit, sondern der Sache nach auch als zumindest wirtschaftlich und beruflich verlorene Zeit behandelt. Auf dieser zwar vertretbaren, aber nicht zwingenden Einschätzung steht und mit dieser fällt die weitere Argumentation.
Hingewiesen sei auf einen weiteren Argumentationsstrang Wills, welcher ihre Ergebnisfindung zwar unterstützt, aber andererseits nicht zwingend notwendig sein dürfte: die Ökonomisierung von Lebensgestaltung und Lebenslauf des Menschen, wobei sowohl volkswirtschaftlich als auch individuell eine Betrachtung unter dem Gesichtspunkt des Humankapitals erfolgt. Dies sollte zumindest als fragwürdig gekennzeichnet werden (was nicht bedeutet, dass es damit falsch sein muss): Eine derzeit sehr moderne überwiegend betriebswirtschaftliche Sicht könnte nämlich zu einer Reduktion des Menschen auf das Unwesentliche führen, zumindest aber führt sie dazu, dass sich in den Lösungsmodellen vor allem die von beruflichen Nachteilen bzw. Familienarmut bedrohten Mittelschichtfamilien wiederfinden. Will selber erkennt dies ansatzweise, wenn sie in ihren Thesen von einer weiterhin notwendigen gesonderten Förderung kinderreicher Familien spricht. Offen bleibt allerdings, was mit den Frauen und Familien geschehen soll, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen der wirtschaftlichen Verwertbarkeit entziehen. Stillschweigend wird zumindest mit der Möglichkeit gerechnet, dass für eine arbeitswillige Mutter auch ein Arbeitsplatz zur Verfügung stünde, wenn die Kinderbetreuung gesichert sei (vgl. These 9 auf S. 204). Dies dürfte deutlich der Realität vieler Frauen (und Männer) widersprechen, die vergeblich einen Arbeitsplatz suchen.
URN urn:nbn:de:0114-qn112132
Dr. Arne Duncker
Leibniz Universität Hannover
Juristische Fakultät, Lehrstuhl für Zivilrecht und Rechtsgeschichte
E-Mail: arne.duncker@t-online.de
Dieser Text steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz. Hinweise zur Nutzung dieses Textes finden Sie unter http://www.querelles-net.de/index.php/qn/pages/view/creativecommons