Gaby Temme, Christine Künzel (Hg.):
Hat Strafrecht ein Geschlecht?.
Zur Deutung und Bedeutung der Kategorie Geschlecht in strafrechtlichen Diskursen vom 18. Jahrhundert bis heute.
Bielefeld: transcript Verlag 2010.
278 Seiten, ISBN 978-3-8376-1384-1, € 27,80
Abstract: Das moderne Strafrecht sollte informelle Geschlechternormen neutralisieren. Dies gelingt auch, kann aber bei der Strafzumessung unterlaufen werden. Wie der vorliegende Band in historisch ausgerichteten Einzelstudien zeigt, war das Strafrecht nie so objektivierend, wie es die Reformen seit den 1970er Jahren anstreben. Am Beispiel der Kindsmörderin wird nachgewiesen, dass der Verstoß gegen Geschlechtertugenden auch heute noch jederzeit mit harten Strafen sanktioniert werden kann.
Die Herausgeberinnen geben in der Einleitung zum vorliegenden Sammelband einen hervorragenden Überblick über geschlechtsspezifische Zuschreibungen der Täter- oder Opferrolle in Strafverfahren. Ergänzt wird die theoretische Einleitung durch einen aktuellen empirischen Überblick von Dagmar Oberlies und Jutta Elz, welche zeigen, dass die immer wieder zu hörende These von einem Frauenbonus im Strafrecht jeglicher Grundlage entbehrt und auf Ignoranz gegenüber den für eine Entscheidung wirklich relevanten Gesichtspunkten wie Sichtbarkeit, Geständnisbereitschaft, Nachweisbarkeit, Vorstrafen und Tatschwere beruht. Das moderne Strafrecht privilegiert Frauen nicht, obgleich es dies könnte, da sie sehr selten schwere Delikte begehen, so gut wie nie als ‚gefährlich‘ einzustufen sind, kooperativ und wenig rückfallgefährdet erscheinen. Selbst schwer drogenabhängige Frauen brechen selten in Apotheken ein, sondern gefährden sich selbst auf dem sog. Drogen- und Babystrich.
Die für die gegenwärtige Strafpraxis typische Neutralisierung des Geschlechts ist aber ein neues Phänomen, wie die historischen Studien, welche den Schwerpunkt dieses Bandes bilden, zeigen. Die Wende erfolgte zeitgleich mit der Reform des Abtreibungs- und Sexualstrafrechts. Sie entlastete Frauen von der die Geschlechtergeschichte kennzeichnenden Überakzentuierung ‚weiblicher‘ biologischer, reproduktiver und sexueller Besonderheiten. Die Qualität solcher Zuschreibungen wird im vorliegenden Band exemplarisch deutlich an den historischen Darstellungen zu Themen wie Kindsmord, Vergewaltigungsopfer und Abtreibung. Eingebettet waren diese Reformen in eine das gesamte moderne Recht prägende Politik der Gleichberechtigung und Antidiskriminierung. So gesehen dokumentiert die Studie von Dagmar Oberlies und Jutta Elz eine gewisse ‚Normalisierung‘ der Verhältnisse.
Historische Rückblicke zehren von einer Differenz zwischen dem Heute und dem Gestern. Den Beginn einer nachhaltigen Reform des Sexualstrafrechts markierte in den späten 1970er Jahren das vielfach übersetzte und aufgelegte Buch von Susan Brownmiller (Against Our Will: Men, Women and Rape. New York 1975). Seit dieser Zeit werden Strafrecht, Strafverfolgung und die Geschlechterfrage insbesondere international daran gemessen, ob (die meist weiblichen) Opfer einer Vergewaltigung vom jeweiligen Strafrecht angemessen erfasst und sensibel behandelt werden oder ob stattdessen Vergewaltigungsmythen (vgl. Martha R. Burt: Cultural myths and supports for rape. In: Journal of Personality and Social Psychology, 1980, Vol. 38,2, p. 217–230) verfestigt werden, welche im Ergebnis Opfer als mitschuldig darstellen (Täter-Opfer-Umkehr/blaming the victim).
In dem hier zu besprechenden Sammelband befasst sich Isabel Kratzer mit dieser Tradition. Sie moniert einige in ihren Augen „zu milde“ Strafzumessungsentscheidungen, welche der BGH in jüngster Zeit als Revisionsgericht noch mit Argumenten bestätigt hat, die eine indirekte Opferbeschuldigung implizieren. Zwei Deutungen drängen sich auf: Im ersten Fall legitimiert die Autorin durch die Auswahl dieses für die Rechtsprechung nicht ganz typischen Aspektes einen seit Brownmillers Kampfschrift populären feministischen Punitivismus und unterstellt, dass auch heute noch, nach einem Jahrzehnt der Erweiterung und Verschärfung der Bestrafung von Sexualdelinquenten, die zu milde Bestrafung der Täter das zentrale feministische Thema sei. Die Tendenz war schon in den 1980er Jahren zu erkennen (vgl. Monika Frommel: Opferschutz durch hohe Strafdrohungen? Der vergiftete Apfel vom Baume des Punitivismus. MschrKrim 1985, S. 350 ff.). Aber in der Realpolitik dominierten damals noch patriarchale Vorurteile, so dass der feministische Schulterschluss notwendig war (vgl. Monika Frommel: Das klägliche Ende der Reform der sexuellen Gewaltdelikte. ZRP 1988, S. 233 ff.). Eher punitiv ist das Reaktionssystem aber seit der Änderungsgesetzgebung 1998–2004. In diesen Jahren hat sich eine Politik der hohen Mindeststrafen durchgesetzt, die im Kontext der gleichzeitig stattfindenden Debatten um die Sicherungsverwahrung neu bewertet werden muss, hält man den Anspruch der Geschlechtergerechtigkeit konsequent und wenn nötig auch selbstkritisch durch.
Im zweiten Fall konstatiert Kratzer zwar einen grundlegenden Wandel, der Strafrecht und Strafverfolgung erfasst hat, zeigt aber, dass traditionale Argumente noch immer bedeutungsvoll sind, es also auch in Zukunft wieder sein können. Aber dann hätte sie die kritisierte Strafzumessungsfrage etwas deutlicher behandeln müssen; denn in der Kommentarliteratur wird die Zulässigkeit der kritisierten doppelten Strafmilderung sehr kontrovers diskutiert, vom gängigen Kurzkommentar (Fischer, StGB, Beck-Verlag) aber im Sinn der zitierten BGH-Entscheidungen behandelt, was bedeutet, dass Opfer beschuldigende Argumente revisionssicher von Instanzgerichten benutzt werden können. Wie häufig dies geschieht, ist damit aber offen.
Gibt es ein ‚Geschlecht des Strafrechts‘? Folgt man der empirischen Studie von Dagmar Oberlies und Jutta Elz im vorliegenden Band, ist diese Frage grundsätzlich negativ zu beantworten. Gleichwohl wäre auch dies falsch, denn es überrascht ja schon, dass Kriminalität und Kriminalisierung keine Frauenprobleme sind. Zwar wird das negative Gut ‚Kriminalität‘ im Laufe der Sanktionierung erstaunlich objektiv, d. h. nach Gesichtspunkten von Tatschwere und Vorbelastung, und damit vorwiegend Männern zugeschrieben. Aber wieso werden fast nur Männer kriminell? Ist die Strafverfolgung unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtergerechtigkeit angemessen? Möglicherweise kommen Frauen als Opfer zu schlecht weg? Da aber die Täter- und die Opferperspektive nicht vertauscht werden dürfen, soll zunächst nur die Täterperspektive betrachtet werden. Verlierer des Systems der Kriminalisierung sind Männer der unteren Schichten. Ihre Kriminalisierung ist nicht ‚willkürlich‘, sondern folgt ebenfalls den genannten objektiven Gesichtspunkten wie ‚Sichtbarkeit‘ des deliktischen Verhaltens, Nachweisbarkeit und Geständnisbereitschaft. Alter und Geschlecht prägen Strafrecht, Kriminologie und Strafverfolgung zu Lasten von Männern. Frauen werden nicht privilegiert, nicht einmal indirekt. Sie begehen kaum schwere Verbrechen. ‚Kriminalität ist Männersache‘, und Strafrecht reagiert auf ein Verhalten, das männliche Milieus kennzeichnet. Das risikoreiche Verhalten wird dort gelernt. Auch es zu neutralisieren, wird gelernt, ferner die Fertigkeiten, die man braucht, um ein rückfälliger Delinquent zu werden. Die Kategorie ‚männliches Geschlecht‘ wirkt somit auf allen Ebenen. Sie wirkt zwar nicht unmittelbar, aber mittelbar und nachhaltig. Ansonsten wäre es nämlich nicht zu verstehen, wieso Kulturen übergreifend (vgl. Monika Frommel: Feministische Kriminologie. In: Karlhans Liebl [Hg.]: Kriminologie im 21. Jahrhundert. Wiesbaden 2007, S. 108–123) und zu allen Zeiten, also auch nach den Individualisierungsprozessen der 1970er Jahre, Frauen nur selten ein Verhalten bevorzugen, das sie mit dem Strafrecht – von Alltagskriminalität einmal abgesehen – in schwere Konflikte bringt. Dies gilt sogar für leichte Delikte, wird aber um so deutlicher, wenn es um schwere, meist männliche Opfer schädigende Kriminalität geht. Denn abgesehen von den Sexualdelikten sind Frauen auch signifikant seltener Opfer. Somit ist das Ergebnis eindeutig: Täter- und Opferbelastungen treffen Männer.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was die Herausgeberinnen meinen, wenn sie untersuchen wollen, ob Strafrecht geschlechtsspezifisch konstruiert und implementiert wird. Offenbar knüpfen sie damit an eine alte rechtstheoretische Tradition an. Spätestens seit dem Aufkommen des Stichworts ‚Klassenjustiz‘ ist allgemein bekannt, dass Rechtssysteme ungleich wirken. Also liegt es nahe anzunehmen, dass sie auch geschlechtsspezifisch ungleich wirken. Solche Effekte lassen sich auf vielfältige Weise belegen. Im Strafrecht jedoch geht Ungleichheit zu Lasten von jungen Männern: Geschlecht und Zugehörigkeit zu bildungsfernen Unterschichten wirken sich bei der Strafverfolgung als Belastung aus.
Im vorliegenden Band sollte demgegenüber vorrangig der Frage nachgegangen werden, wie die aus patriarchalen Zeiten überkommenen juristischen Konstruktionen auf Geschlecht und Schicht reagieren. Damit wird ein Desiderat behandelt: Zwar wissen wir, dass Rechtsnormen sehr unterschiedlich auf Frauen und Männer und auf Menschen unterschiedlicher sozialer Lagen wirken können, es gibt auch Studien, wie solche Effekte zustande kommen, aber eine übergreifende Theorie fehlt. Bedenken wir ferner, dass das Thema seit 40 Jahren unverändert aktuell geblieben ist, und zwar nicht nur für feministisch inspirierte Menschen, sondern eigentlich für alle, welche rechtswissenschaftliche Grundlagenfächer behandeln, zeigt dies ein Defizit. Dieses Defizit führt dazu, dass die Genderdebatte nur vereinzelt zum Thema gemacht wird, was Teil des zu analysierenden Problems zu sein scheint. Aber Rechtstheorie, Rechtssoziologie und Kriminologie können mit diesem Defizit offenbar gut leben, und Universitäten schaffen nur auf Druck der Politik besondere Lehrstühle oder behandeln diese Fragen unter der Rubrik „Frauen und Recht“ in Ringvorlesungen. Ein systematisches Wissen entsteht so nicht. Immerhin werden vereinzelt Antworten im Familienrecht versucht.
Unzureichend geschieht dies im Strafrecht. Dort würde zumindest die Abtreibungsfrage nicht nur eine politische, sondern auch eine strafrechtsdogmatische Antwort verlangen. Aber auch diese wird verweigert. Schaut man in die gängigen Kommentare, blickt man in ein freundliches, weil entpönalisierendes Sonderrecht (in Deutschland die Beratungslösung), welches aber von der Strafrechtswissenschaft alles andere als professionell bearbeitet wird. Erleichtert nehmen die Kommentatoren zur Kenntnis, dass dieses früher noch beunruhigende Kapitel in den letzten 20 Jahren mit einem klugen Kompromiss beendet wurde, nicht mit einer Entkriminalisierung, aber doch mit einer fast vollständigen Entpönalisierung (der betroffenen Ärzte, da Frauen nicht nach diesem Paragraphen bestraft wurden, sondern unter den unzumutbaren medizinischen Rahmenbedingungen zu leiden hatten).
Auch das Arbeitsrecht müsste eigentlich strukturiert auf das Geschlechterthema antworten, zumal Gleichberechtigung bzw. Gleichstellung im Europa- und Verfassungsrecht bedeutsam ist, aber es antwortet ebenfalls nur punktuell, was bedeutet, dass insgesamt gesehen die Strukturfrage nicht oder noch nicht beantwortet ist.
Genau diese Strukturfrage wird im vorliegenden Sammelband von den Herausgeberinnen Gaby Temme und Christine Künzel gestellt, und zwar bezogen auf das Strafrecht. Sie wird auch beantwortet, jedenfalls dann, wenn man sich für historische (auch zeitgeschichtliche) Diskurse interessiert. Die Kriminalisierung von Menschen geht in hohem Maße mit geschlechts- und schichtspezifischen Zuschreibungen einher. Je moralisierender die Instanzen der formalisierten Sozialkontrolle vorgehen, desto deutlicher wird dieser Effekt. Geradezu bestürzend zeigt dies David James Prickett in seiner Medienanalyse der Strafverfahren gegen ‚ostdeutsche‘ Mütter, die ihre Kinder kurz nach der Geburt getötet haben und hart bestraft wurden, obgleich dies unter Schuldgesichtspunkten mehr als fragwürdig ist. Zwar hat die Gesetzgebung 1998 die aus dem 19. Jahrhundert stammende Privilegierung der ‚Kindsmörderin‘ aufgehoben, aber nicht mit dem Ziel, Frauen in extremen Ausnahmesituationen härter zu sanktionieren, wenn sie ihr Kind kurz nach der Geburt töten, sondern umgekehrt: Die Gesetzgebung wollte flexible Regeln für beide Geschlechter aufstellen, um in Extremsituationen einen „minder schweren Fall“ des Totschlags nach §§ 212, 213 StGB vorzusehen.
Wie die Studie von Pricket zeigt, wirkt sich der Verstoß gegen informell zugeschriebene männliche und weibliche Tugenden auch juristisch aus. Dies spricht dafür, Strafzumessung und Geschlechterstereotype zum Pflichtthema für angehende Juristinnen und Juristen zu erheben. Zwar bemüht sich das reformierte deutsche Straf- und Verfahrensrecht der Gegenwart um Objektivierung. Es scheint direkte Einflüsse beider Kategorien, sowohl der Schicht (besser: Milieu) als auch des Geschlechts (im Sinne der Abweichungen von sozialen Geschlechternormierungen) erfolgreich zu neutralisieren. Dies bedeutet aber nicht, dass der mittelbare Einfluss verschwindet. Er wirkt über die Strafzumessung. Allerdings fungieren die Kategorien Schicht (besser: Milieu) und Geschlecht (Abweichungen von sozialen Geschlechternormierungen) gegenläufig, was hier angemerkt werden soll, da dies von den Autorinnen des vorliegenden Bandes nicht immer beachtet wird.
Kulturübergreifend haben nur männliche Angehörige der unteren Schichten (besser: spezifischer Milieus) ein erheblich höheres Kriminalisierungsrisiko als Frauen derselben Milieus. Am treffsichersten sind für das Risiko, ins Gefängnis zu wandern, die Kategorien ‚Alter‘ und ‚männliches Geschlecht‘. Sie wirken sogar auf der Opferseite, so dass die Umsetzung von Strafrecht grob vereinfacht als eine Veranstaltung charakterisiert werden kann, die junge marginalisierte Männer diszipliniert. Sowohl bei älteren Männern als auch jungen und älteren Frauen würden – da sind sich alle Rechtskulturen einig – außerstrafrechtliche Mechanismen genügen. Wenn also das Strafrecht ein Geschlecht hat, und bei der Strafzumessung könnte dies der Fall sein, dann privilegiert es Frauen; eine Botschaft, welche für Feministinnen ungewohnt ist, thematisieren sie doch traditionell geschlechtsspezifische Hierarchien, Herrschaftsstrukturen also, welche die negative Karriere junger Männer, die als ‚kriminell‘ und insbesondere als ‚gefährlich‘ eingestuft werden, gerade nicht erklären können, es sei denn, man orientiert sich am Frauenbild des 19. Jahrhundert und betrachtet den systematischen Ausschluss von Frauen aus der öffentlichen Sphäre als Schlüssel zur Rekonstruktion moderner Gesellschaften.
Ich erwähne diese Sichtweise, weil sie mir absurd erscheint. Der theoretische Artikel von Gerlinda Smaus, welche in die Thematik des vorliegenden Bandes einführen soll, ist aber nicht weit weg von einem derartig absurden Konzept, das im 19. Jahrhundert strukturelle Ungleichheiten der bürgerlichen Gesellschaft erklären konnte, mittlerweile aber überholt ist (wiederbelebt wird dabei die kategoriale Trennung von privat = weiblich und öffentlich = männlich, welche Sandra Harding 1990 formuliert hatte, um Institutionen zu bewerten). Wer aber wie Gerlinda Smaus die Kritische Kriminologie mit herrschaftskritischen feministischen Ansätzen kombinieren will, muss zunächst einmal konstatieren, dass niedrige Kriminalisierungsraten ein weibliches Privileg und keinen Nachteil darstellen. Herrschaftskritisch kann man auch nicht die Täter- und die Opferrolle gleichsetzen. „Zugeschriebene schwere Kriminalität“ ist nun einmal ein negatives Gut, an dem Frauen fast keinen Anteil haben, was bedeutet, dass die Kategorie Geschlecht hier atypisch wirkt, nämlich nicht diskriminierend. Eine feministische Kriminologie behandelt nicht die Täterseite, sondern ausschließlich die Opferseite, stellt aber schnell fest, dass auch Opferrisiken eher männlich sind, nimmt man das Sexualstrafrecht einmal aus. Die Reform des Sexualstrafrechts, welche 1997 einsetzte, hatte das Ziel, spezifisch weibliche (und kindliche) Interessen zu implementieren.
Trotz der Kritik ist das Thema des Bandes als wichtig anzusehen. Geschlechtertugenden spielten nämlich vor allem in geschichtlicher Perspektive bei der Strafzumessung durchaus eine bedeutsame Rolle. Dies sprechen die beiden Herausgeberinnen in ihrer hervorragenden Einführung in die Problematik auch an. Sie zeigen, wieso sie Texte ausgewählt haben, welche in erster Linie historisch reflektieren, wie sich die Nichterfüllung von Geschlechtertugenden in konkreten Zusammenhängen ausgewirkt haben, und zeigen – etwa am Beispiel der ‚Kindsmörderin‘ – die Untiefen einer unkritischen strafrechtlichen und moralischen Bewertung. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kategorien Geschlecht und Kriminalisierung aktuell in keinem direkten Zusammenhang stehen. Erst wenn man positive und negative Karrieren vergleicht, fällt auf, dass marginalisierte Männer die Privilegien hegemonialer Männlichkeit bezahlen. Frauen könnten demnächst doppelte Gewinnerinnen werden, wenn sie nämlich ihren Zugang zu Spitzenkarrieren verbessern könnten – ohne die Konsequenzen von deren krimineller Kehrseite zu erleiden.
URN urn:nbn:de:0114-qn121256
Prof. Dr. Monika Frommel
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Professorin und Institutsdirektorin für Strafrecht und Kriminologie der Juristischen Fakultät der CAU Kiel
E-Mail: mfrommel@hotmail.de
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